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Übers Schlachten reden

Für die meisten von uns ist das Schlachten so abstrakt und alltagsfern, dass wir beim Fleischkauf nicht daran denken. Kaum einer von uns Fleischessern weiß, wie eine Schlachtung abläuft. Im Supermarkt wird uns auf den Packungen lediglich „glückliche Kuh“ oder „lecker Steak“ suggeriert, aber der unbequeme Teil der Schlachtung wird nicht angesprochen.

Das wäre für die meisten „Fleischhersteller“ auch kontraproduktiv, denn wenn wir während der Kaufentscheidung Infos über die Schlachtung bekommen würden, würden wir viele Käufe sein lassen. Denn die Wahrheit ist meist: In großen Schlachtfabriken werden Tausende von Tieren pro Tag geschlachtet und dann in Akkordarbeit zerlegt. Diese Infos sind nicht verkaufsfördernd, und viel Marketing wird aufgewendet, um unsere Aufmerksamkeit auf angenehmere Dinge zu lenken. 

Es geht auch anders 

Das Schlimme, oder das Schöne, daran: Es geht auch anders. Denn es gibt sie (noch): Die Schlachter, die sich Zeit für eine respektvolle Schlachtung nehmen und stolz auf ihr Handwerk sein können. Der zahlende Kunde entscheidet, wer sein Geld bekommt und wie geschlachtet wird. Für echte Entscheidungsfreiheit brauchen wir aber Transparenz. Eine Sache, die wir für bessere Schlachtbedingungen tun können ist: Darüber reden.

Unser erstes Rind 

Als im Februar unser Rind geschlachtet wurde war ich vor Ort dabei. Zum Einen musste ich das für mich persönlich ansehen – Ich kann kein Fleisch verkaufen, wenn ich in diesem Moment „die Augen zu mache“. Zum Anderen will ich sehen, wie unser Schlachter arbeitet. Wer nicht wissen möchte, wie unsere Schlachtung abläuft, hört bitte jetzt auf zu lesen.

Die Rinder (an diesem Tag waren es überdurchschnittlich viele, 9 Tiere) stehen in Einzelboxen im Stall. Sie wurden am Vortag hertransportiert, unter anderem unser Rind. Ein Gallowayrind war erst ein paar Stunden zuvor hertransportiert worden, das Tier war noch sehr nervös und wurde dementsprechend als letztes geschlachtet, damit es noch Zeit zur Beruhigung bekommt. Fleischer Fritze erzählt mir, dass sie das eigentlich nicht so gerne haben, die Tiere sind schwieriger im Umgang und man merke es auch an der Fleischqualität, aber der Landwirt wollte es so.

Unser Rind sollte als erstes drankommen, weil ich ja da war. Es ließ sich aber nicht aus der Box locken und so entschieden sich die Jungs für ein anderes Rind. Die Tür der Einzelbox öffnet sich und das Rind läuft durch einen Gang, der am Ende einen Bogen nach links macht und leicht ansteigt. Runde und ansteigende Gänge sind für die Tiere angenehmer, weil sie die natürliche Bewegungsrichtung der Tiere simulieren. 

Die Erkenntnisse über Bewegungsverhalten und Ängste der Tiere wurden durch die Amerikanerin Temple Grandin bekannt gemacht. Grandin hat vor allem in Amerika viel für tiergerechtere Schlachtmethoden erreicht. Die Geschichte der Autistin, die laut eigener Aussage die Gefühle der Tiere nachvollziehen kann, wurde 2010 verfilmt. Mehr über Temple Grandin in der Süddeutschen

Alles ist still, das Team spricht leise und nur wenn nötig. Am Ende des Ganges steht Schlachtergeselle Jan auf einer Treppe am Kopf des Tiers. Das Rind guckt automatisch nach oben zu ihm, so lässt sich das Bolzenschussgerät einfacher platzieren und abdrücken. Durch das Bolzenschussgerät wird das Rind betäubt und es sackt bewusstlos und hirntot zusammen. Jetzt geht alles sehr schnell. Rechts öffnet sich die Tür zum Schlachtraum. Eine Kette wird um das Hinterbein gelegt und das Tier daran nach oben gezogen. Danach folgt der Bruststich in das Aderkreuz im Brustraum, an dem alle großen Adern zusammenlaufen, und das Ausbluten entsprechend schnell abläuft. Es waren wohl ca. 1-2 Minuten, aber ich habe nicht auf die Uhr geschaut. Das Rind ist nun tot. 

Der gleiche Prozess läuft noch mit unserem Rind und einem weiteren ab. Als nächstes werden den 3 Tieren der Kopf abgetrennt, das Fell abgezogen, und die Gedärme entfernt. Aber dazu an anderer Stelle mehr. 

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Mein Fazit

Ich bin selbst ziemlich nah am Wasser gebaut, vor allem wenn es um Tiere geht. (Wäre das nicht so, wäre besserfleisch wohl nicht entstanden.) Bei meiner Ankunft in der Schlachterei hatte ich deshalb schon alle vorgewarnt, sie mögen mich einfach ignorieren, wenn ich heule. Aber es kam ganz anders.

Um ganz ehrlich sein: 

Ich hatte es mir schlimmer vorgestellt. Die Rinder laufen ruhig durch den Gang, jeder Handgriff sitzt, alles lief reibungslos ab. Es ist eine riesige Verantwortung, die in diesem Moment von den Jungs getragen wird, und dieses Bewusstsein spiegelt sich meines Erachtens deutlich in ihrer Arbeitsweise wieder. Für mich persönlich: Es ist hart, ein so großes und majestätisches Tier wie ein Rind sterben zu sehen. Ich bin froh, dass ich das nicht selbst machen muss und diesen „Arbeitsschritt“ in guten Händen weiß.