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Fünf Fragen für den Fleischkauf

Schon lange wollten wir mal ein paar knackige Punkte zusammentragen, mit denen man sich beim Fleischkauf zu einem guten Ergebnis fragen kann. Im Grunde ist das, was wir bei besserfleisch machen genau das: wir sprechen mit unseren Höfen über Tierhaltung, mit unseren Fleischereien über Reifung und Verarbeitung und versuchen immer, die beste Kombination aus Tierwohl in der Landwirtschaft und Kulinarik bei Euch auf dem Teller zu erreichen. Dass in dem Prozess alle Beteiligten ihren fairen Lohn bekommen ist klar, dadurch haben wir aber auch die Möglichkeit, die Stellschrauben mitzubestimmen.

 

Was sind unsere Top 5 der Fragen beim Fleischkauf?

1 „Wie wurden die Tiere gefüttert?“

ist eine berechtigte Frage und man kann dadurch sowohl viel über die Tierhaltung erfahren als auch darüber, wie sich an der Fleischtheke selbst mit den eigenen Produkten auseinandergesetzt wurde.

Fleisch aus Übersee ist oft „Grassfed, Grain finished“. Die Tiere sind also in der Regel mit viel Auslauf aufgewachsen, wurden aber die letzten Monate vor der Schlachtung in sogenannten „Feedlots“ mit viel Getreide intensiv gemästet. Getreide muss angebaut, geerntet und transportiert werden und könnte auch vom Menschen selbst gegessen werden. Gras hingegen wäre für den Menschen als Nahrungsmittel nicht nutzbar, wenn nicht die Rinder in der Lage wären, es zu hochwertigem Fleisch umzuwandeln. Nur die Grasbasierte Fütterung sorgt weiter für ein gesundes Fettsäurenverhältnis im Fleisch (die ominösen Omegas), während Getreide für ein gesundheitlich schlechteres Verhältnis von gesättigten und ungesättigten Fettsäuren sorgt.

Für uns ist in dem Zusammenhang aber auch ganz entscheidend, dass die Tiere nicht nur Gras zu fressen bekommen, sondern es sich auch selbst holen können: Weidegang. Wobei; obacht! „Weidegang“ muss nichts bedeuten, das kann auch heißen, dass sich die Tiere täglich ein bisschen die Füße vertreten durften, ohne wirklich auf die Weide zu kommen. „Weidehaltung“ ist das, was wir am liebsten hätten.  Es geht bei unserer Entscheidung nicht nur darum, für uns selbst das beste Fleisch zu bekommen, sondern den Tieren auch das bestmögliche Leben ermöglicht zu haben und das ist für ein Rind schlicht und ergreifend auf der Weide und zwar am besten mindestens mal von Mai bis Oktober.

Wir betonen immer gerne, dass unsere Höfe ihr Heu auch von den eigenen Flächen ernten, was ebenfalls ein kleiner aber wichtiger Punkt ist: wir möchten gerne, dass das Verhältnis von Tieren zu Fläche stimmt. „Flächengebundene Tierhaltung“ nennt sich das in der Landwirtschaft. Ein Hektar Fläche kann etwa eine Kuh ernähren. Hat man mehr Tiere, muss Futter zugekauft werden. Viele extensiv wirtschaftende Höfe haben sogar weniger „Tiere pro Hektar“, weil durch das Beweiden von Naturschutzflächen und der Verzicht auf intensive Düngung etwas mehr Fläche gebraucht wird, um ein Tier satt zu bekommen.

„Extensive Weidehaltung und eine reine Grasfütterung“

2 „Wie wurde das Fleisch gereift?“

Der Schrank von Oma hält auch nach dem zehnten Umzug noch, während die Industrieware schon nach dem ersten Auseinanderbauen wackelt und kippelt. Den Unterschied macht das Handwerk. Genau so ist es, wenn es um das Reifen und Zerlegen von Tieren geht.

Erfahrene Metzger:innen schauen sich nach der Schlachtung die Tiere an und entscheiden, was die besten nächsten Schritte sind. Die Reifezeit und die Zerlegung sind sehr individuell und mit Fingerspitzengefühl anzugehen. Traditionell wird Fleisch trocken gereift. So können im Fleisch Prozesse stattfinden, die für den Geschmack und die Bekömmlichkeit förderlich sind. Gleichzeitig verliert der „Schlachtkörper“ allerdings auch fast 10% Gewicht: Wasser, das verdunstet und den Geschmack intensiver werden lässt. Verzichtet man auf eine lange Trockenreifung, bleibt mehr Wasser im Fleisch, das sich super mitverkaufen lässt. „Wet Aging“ oder „Water Aging“ sind solche Verfahren. Sie lassen das Fleisch auch mürber werden, der typisch-nussige Geschmack trockengereiften Fleisches lässt sich so aber nicht erzeugen. Dafür verliert das Fleisch aber in der Pfanne Gewicht, wenn das Wasser austritt, das während des Reifeprozesses nicht aus dem Fleisch konnte.

„Mindestens zwei Wochen trocken gereift und ohne Zusätze verarbeitet“

3 „Was für ein Tier war das?“

Bei Rindern gibt es große geschlechtsspezifische Unterschiede beim Wachstum. Männliche Tiere wachsen schneller als weibliche Tiere; kastriert – also als Ochsen – wachsen sie allerdings nicht ganz so schnell. Schnell ist gut, wenn schnell viel produziert werden soll. Nicht allerdings, wenn Tierwohl und Genuss an erster Stelle stehen. Rindfleisch profitiert sehr davon, wenn die Tiere langsam wachsen und sich viel bewegen. Durch das langsame Wachstum bilden sich viele kleine Muskelfasern, die zum einen feiner sind, zum anderen nicht so viel Wasser einlagern, das in der Pfanne austritt.

Ochsen (kastrierte Bullen) und Färsen (weibliche Tiere, die noch kein Kalb bekommen haben) leben, dadurch, dass sie langsamer wachsen, länger. Das begünstigt einen weiteren wichtigen Punkt: das intramuskuläre Fett. Das wird erst wirklich eingelagert, wenn die Tiere das Größenwachstum weitestgehend abgeschlossen haben, also ab ca. 2 Jahren (bei den Extensivrindern wie Galloways sogar noch später). Fett ist zum einen Geschmacksträger auf dem Teller, aber auch bei der Reifung ein wichtiger Faktor, weil es auch dort durch Mikroprozesse schon entscheidend zur Geschmacksentwicklung beiträgt. Stark marmoriert bedeutet aber nicht immer auch gut gehalten: wichtig ist, da die Kombination mit dem ersten Punkt, dass sie auch bis zuletzt nicht intensiv gefüttert wurden und das Fett die letzten Wochen mit Kraftfutter ins Tier gestopft.

Die „richtige Antwort“ beim Fleischkauf wäre entsprechend „ein mindestens 2,5 Jahre alter Ochse oder Färse“. Bulle oder gar Jungbulle fällt kulinarisch im Vergleich zu Ochsen und Färsen extrem ab und sollte entsprechend vermieden werden.

4 „Ist das aus Bio-Landwirtschaft?“

Bio ist nicht gleich Bio, aber „Bio“ ist auf Herz und Nieren geprüft. Viele der Aspekte, nach denen wir bei unseren Höfen suchen sind in Grundzügen auch Teil der Standards der Bio-Zertifizierung. Sei es Weidegang für die Tiere, eine flächengebundene Tierhaltung, oder der Verzicht auf Zusatzstoffe in der Wurst (was es gar nicht auf die Liste geschafft hat und leider auch mit dem Handwerk-Punkt noch nicht abgedeckt ist. Auch Handwerksmetzgereien arbeiten mit vielen Mittelchen). Bekommt man nicht viel raus, „muss“ aber Fleisch kaufen, sollte man im Zweifel zu Bioprodukten greifen. Viele der Vorschriften, bspw. zum mindest-Weidegang, zur Getreidefütterung und zu den erlaubten Transportstrecken finden wir viel zu lax, es ist aber ein guter Anfang.

Alternativ sollte man volle Transparenz bei den oben aufgeführten Fragen erwarten. Sätze wie „besser als Bio“ sind selten mehr als hohle Phrasen, genau wie „Bio ist auch nicht mehr, was es mal war“. Mit solchen Aussagen sollte man sich nicht abspeisen lassen. Insbesondere kleinere Betriebe oder Höfe, die ganz außergewöhnlich arbeiten haben es mit den sehr spezifischen Bio-Richtlinien schwer.

So ist beispielsweise unser Hühnerbauer Lars mit seinem Betrieb nicht biozertifiziert, obwohl er alle Richtlinien erfüllt und auch, ohne Siegel auf seine Produkte drucken zu können, nur Bio-Futter für seine Hühner kauft.

Die Antwort sollte klar sein. Entweder „ja“, oder ohne Druckserei erklärt, was Sache ist.

5 „Wo kommen die Tiere her?“

Schlachtet Euer Metzger des Vertrauens noch selbst, oder kauft er Teilstücke vom Großhändler zu? Nur noch wenige Fleischereien schlachten selbst und die wenigsten derjenigen, die nicht mehr selbst schlachten haben feste Partnerschaften mit Höfen und Schlachtereien in der Region.

Kauft ein Fleischer das Fleisch vom Großhändler, hat der es wahrscheinlich von einem Großschlachthof gekauft, der seine Tiere von einem großen Zulieferer bezieht, der mit regionalen Viehhändlern zusammenarbeitet, die in den Regionen die Höfe abfahren und Tiere zusammenkaufen. Das ist eine relativ lange Handelskette und wird auch schnell ziemlich unübersichtlich, was die Transportstrecken betrifft. Jeder Zwischenhändler pocht auf seine Marge und die doofen sind die Bauern, die nehmen müssen, was ihnen gezahlt wird. Ach nee, es gibt noch ein schwächeres Glied in der Kette: die Tiere. Ist die Landwirtschaft unter finanziellem Druck, wird ausgereizt was geht und das geht zu Lasten der Tiere. „Höher, schneller weiter“ ist bei uns in Deutschland zwar auch durch Tierschutz- und Umweltschutz-Gesetze irgendwo gedeckelt, aber wir haben schon bei den Bio-Richtlinien gesagt, dass sie uns oft zu lax sind. Da wollen wir auf keinen Fall, dass bei der Tierhaltung das Tierschutz-Gesetz strapaziert wird.

Das ist übrigens auch ein weiteres Argument dafür, kein Fleisch aus Übersee zu kaufen. Verlässt man Deutschland und die EU, fällt der Stellenwert des Tierschutzes schnell ab und es weht ein anderer Wind.

Dass wir uns gegen Zwischenhändler aussprechen, obwohl wir natürlich selbst einer sind, ist simpel herzuleiten: wir versuchen schmal zu sein und unsere Arbeit auf das reine Vermitteln zu reduzieren. Wir haben keine großen Büros oder Lager, lagern auch keine Ware zwischen und vermarkten erst und schlachten dann. Wir koordinieren die Tiere der Landwirt:innen, die Nachfrage von Eurer Seite und die terminlichen Möglichkeiten, die unsere Metzger:innen haben bestmöglich und errechnen den Verkaufspreis unserer Pakete über das was unsere Partner:innen brauchen, statt Preise zu drücken, um günstiger und mehr zu verkaufen.

So brauchen wir für uns nur unser Gehalt abzuzwacken und keine großen Beträge einzurechnen, die mögliche Verluste oder nicht-Verkäufe abdecken.

Die Antwort sollte also möglichst klar sein, „von Bauer XY um die Ecke, mit dem arbeiten wir bei Rind schon lange zusammen“.