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„Aktion Bruderkalb“: Veränderung selbst umsetzen

Moin ihr Lieben,
es ist so weit. Dieser Newsletter ist der Startschuss zu einem Projekt, an dem wir schon fast ein Jahr arbeiten: unsere „Aktion Bruderkalb“.

 Wer schon länger unsere Rundmails liest, wird inzwischen mit Sicherheit davon wissen, dass wir etwas am Umgang mit den Geschwisterkälbern aus der Milchproduktion verändern. Denn: Milch gibt es nicht, ohne dass Kälber geboren werden! 

Nur wenn sie regelmäßig ein Kalb gebären, produzieren die Kühe Milch. Dass die Kälber mit ihrer Geburt im Grunde schon ihren Zweck erfüllt haben, darf nicht dazu führen, dass sie wie Müll behandelt werden. Von einem „Abfallprodukt“ hat der Deutschlandfunk vergangene Woche in einem Beitrag zu dem Thema gesprochen, das ZDF von „Wegwerfkälbern“.

Auch aus der Bio-Milchproduktion geht nach wie vor der größte Teil der Kälber, die von den Höfen nicht zur Verjüngung der Milchkuhherde gebraucht werden, in die industrielle Kälbermast, sobald sie im Alter von zwei Wochen transportiert werden dürfen. Das kann nicht angehen: Bio muss in der gesamten Struktur „Bio“ sein, nicht da wo es bequem ist.

Es braucht einen wertschätzenden Umgang mit diesen Kälbern innerhalb der Bio-Strukturen, denn Milch und Fleisch gehören zusammen.

Gemeinsam für Lösungen sorgen!

Schon seit längerem ermöglichen wir, gemeinsam mit Euch, einigen Landwirt:innen durch unsere Zusammenarbeit, Bruderkälber zu behalten und als Ochsen aufzuziehen.

Hätten wir nicht die Möglichkeit, ihnen die Tiere zu einen fairen Preis abzunehmen, müssten sie die männlichen Kälber im Alter von zwei Wochen an Viehhändler verkaufen, die sie in Richtung einer intensiven Kälbermast weiterverkaufen würden und die ist nicht erst in den letzten Jahren wegen des hohen Medikamenteneinsatzes und minimalen Tierwohls in der Kälbermast in Verruf geraten.

Die wenigsten Landwirt:innen haben allerdings die Möglichkeit, alle Geschwisterkälber zwei bis drei Jahre als Ochsen aufzuziehen.
Es hapert auf der einen Seite am Stallplatz und auf der anderen Seite oft am Futter, das insbesondere in den beiden vergangenen Dürrejahren sehr knapp war.

Deswegen haben wir – im engen Austausch mit norddeutschen Berater:innen des Anbauverbandes Demeter – eine Lösung erarbeitet, wie weiteren Kälbern der Weg in die industrielle Kälbermast erspart werden kann: das Ergebnis ist unsere Aktion Bruderkalb, um die es in diesem Newsletter geht.

Wie geht man ein solches Thema an?

Für unseren „Testballon“ haben zwei Demeterhöfe, die wir schon länger kennen, weitere Bullenkälber behalten und nicht im Alter von zwei Wochen verkauft.

Im Frühjahr wächst auf den Flächen besonders viel Klee und Gras und die meisten Rinder sind auf der Weide. So haben die Landwirt:innen für eine gewisse Zeit die Möglichkeit, weiteren Tieren Platz und Futter zu bieten.

Der eine Hof ist unser altbekannter und heiß geliebter Hof HimP und Kirsten, die junge Bäuerin, für die wir schon seit Längerem ihre aufgezogenen Ochsen vermarkten. Der zweite Betrieb ist der Höllnhof der Familie Kock-Rohwer in Bönebüttel, ein alteingesessener Demeterhof aus der Nähe von Neumünster, auf dem Ingmar zu Studienzeiten immer wieder mal Bauernhofluft geschnuppert hat, wenn ihm die Stadt zu viel wurde. Beides Betriebe, die wir gut kennen und die wirklich etwas verändern wollen.
 
Was wir uns aktuell auf der Homepage teilen sind Pakete vom „Jungrind“. Die Tiere werden im Alter von etwa einem Jahr geschlachtet. Dadurch sind sie dem Kälberalter bereits entwachsen und haben mit ihren Geschwistern eine gute Zeit in den großen Ställen und auf den Hofkoppeln der Höfe gehabt, mit denen wir unsere Aktion Bruderkalb gestartet haben.

Sie wiegen in dem Alter bereits deutlich über 200 Kilo und hatten zeitlebens die gleichen guten Bedingungen, die die Demeterhöfe für ihre weibliche Nachzucht schaffen, mit denen sie viele Jahre als Milchkuh arbeiten möchten: weit entfernt also von der industriellen Kälbermast mit Spaltenböden und Milchaustauscher.

Eine (noch) unbekannte Spezialität

Das Fleisch der Jungrinder liegt geschmacklich zwischen Rindfleisch von ausgewachsenen Tieren und Rosé-Kalbfleisch. Es ist also sehr viel zarter als klassisches Rindfleisch, etwas magerer und auch etwas dezenter im Geschmack. 

Im Austausch mit Demeter-Beraterinnen, unserem Metzger Fritze und dem Bio-Spitzenkoch Sebastian Junge aus Hamburg haben wir uns dafür entschieden, einen Teil des Fleisches nach zehn Tagen Reifung zu Leberwurst, Bratwurst und „Kalb-Fleischwurst“ zu verarbeiten und die Teilstücke wie Koteletts, Entrecôte, Gulasch und Schnitzel ganze zwei Wochen am Knochen reifen zu lassen.
 
Durch die lange Reifung wird das Fleisch noch zarter und die feinen geschmacklichen Nuancen werden weiter herausgearbeitet. Die Wurstspezialitäten werden – wie ihr es von uns kennt – ohne Zusatz von Nitritpökelsalz oder Geschmacksverstärkern hergestellt und auch ohne Beimengen von Schweinefett, was bei den meisten Rindfleischprodukten der Fall ist: keine Kompromisse also.
 
Volles Tierwohl während der Aufzucht der Tiere und klassische Handwerkskunst, bevor sich die Pakete dann auf dem Weg zu Euch machen.

Jetzt bitte einmal alle gemeinsam am gleichen Strang ziehen!

Wir sind ehrlich gesagt gleichzeitig sehr stolz auf das Ergebnis unserer Planungen und die Pakete, die wir zusammengestellt haben und auch sehr unsicher: „Wie werden die Pakete von Euch angenommen?“

Jungrindfleisch ist den wenigsten Menschen ein Begriff und wir steigen mit unseren lange gereiften und weiter veredelten Paketen auch gleich im hochpreisigen Gourmetbereich ein.

Der Demeter-Verband im Norden beschäftigt sich auch weiter mit dem Thema und bietet in der Zukunft unter dem Motto „Hofrind – unsere Kälber bleiben“ Informationen und Unterstützung für Landwirt:innen an, in die auch unsere Erfahrungen mit einfließen werden.
 
Halbe Sachen wollen wir bei dem Thema nicht machen, weil die Landwirt:innen im ersten Jahr der Aufzucht den größten Teil der Aufzuchtkosten haben: als Kälber sind die Tiere mindestens drei Monate mit hofeigener Demeter-Vollmilch gefüttert und anschließend mit viel Aufwand, dem besten Futter der Höfe und Auslauf auf den Hauskoppeln für weitere 7-9 Monate gehegt und gepflegt worden.
 
Die Pakete so durchdacht und ausgereift anzubieten war uns also ein großes Anliegen, um einen Mittelweg zwischen der Aufzucht über 2-3 Jahre und dem Verkauf im Alter von zwei Wochen zu etablieren.

Wir haben uns umgeschaut, mit vielen Menschen gesprochen und viel über das Thema nachgedacht: es braucht dringend Veränderung und wir möchten auch auf diesem Weg unseren Teil dazu beitragen.

Mit unserer „Aktion Bruderkalb“-Bestellrunde und den Fleischpaketen vom Demeter-Jungrind ermöglichen wir unseren Höfen, insgesamt acht weitere Bullenkälber auf dem Hof aufzuziehen. Jedes Tier, dem wir die industrielle Kälbermast ersparen können, ist ein Gewinn und jedes einzelne Paket trägt dazu bei.

Wir sind gespannt und freuen uns auf Euer Feedback und Eure Bestellungen!

May, Heike, Nicolas und Ingmar


PS.: Der Liefertermin für Eure Jungrind-Pakete ist Freitag der 9. Juli zwischen 8 und 12 Uhr.

Hier geht’s zur Paketauswahl!